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Herbst-Arbeitstagung 2025: Selbsthilfe zeigt Wirkung

Wenn Selbsthilfe Kreise zieht – sichtbar, vernetzt, wirksam

Bericht von der Herbst-Arbeitstagung des Kreuzbundes vom 17. bis 19. Oktober 2025

Vom 17. bis 19. Oktober fand im Katholisch Sozialen Institut in Siegburg die diesjährige Herbst-Arbeitstagung des Kreuzbund-Bundesverbandes unter dem Motto „Wenn Selbsthilfe Kreise zieht – sichtbar, vernetzt, wirksam“ statt. Weggefährtinnen und Weggefährten aus Diözesanverbänden, Gruppen und Projekten kamen zusammen, um Erfahrungen auszutauschen, neue Initiativen kennenzulernen und Perspektiven für die Weiterentwicklung der Selbsthilfe zu diskutieren.

Die Bundesvorsitzende Andrea Stollfuß eröffnete die Tagung und hieß alle Teilnehmenden herzlich willkommen. Dr. Daniela Ruf, Bundesgeschäftsführerin, überbrachte die Grüße vom Geistlichen Beirat, Thorsten Weßling, und trug den Impuls von Matthias Lindges vor.

Mit einer Präsentation und einer „soziometrischen Landkarte“ führten Marianne Holthaus und Fabian Schroer in das Thema ein.

Neue Wege der Zusammenarbeit

Den Auftakt des Fachprogramms am Samstag bildete das Thema „Selbsthilfefreundliches Krankenhaus“.
Andreas Lemke, Selbsthilfebeauftragter der Sana Kliniken Duisburg, und Georg Kepkowski vom Kreuzbund Duisburg-Rheinhausen stellten vor, wie dort eine enge Kooperation zwischen Klinik und Selbsthilfe gelungen ist. Seit Mai 2025 ist die psychiatrische Abteilung der Klinik als erstes Krankenhaus in Duisburg offiziell als „selbsthilfefreundlich“ zertifiziert.
Die Zusammenarbeit soll künftig auch auf somatische Fachbereiche wie Neurologie, Onkologie und Chirurgie ausgeweitet werden. Die Kreuzbund-Gruppe trifft sich in den Räumen der Klinik, bleibt dabei aber unabhängig – ein gelungenes Beispiel für partnerschaftliche Kooperation.

Betriebliche Suchthilfe als Prävention

Im zweiten Themenblock ging es um „Betriebliche Suchthilfe“.
Marion Santl vom Diözesan-Caritasverband Regensburg und Eugene O’Neill vom Kreuzbund Regensburg zeigten eindrucksvoll, wie Selbsthilfe auch in Unternehmen wirken kann.
In Regensburg werden Führungskräfte großer Betriebe wie BMW, Amazon oder die Bayerische Staatsoper für den Umgang mit Suchtproblemen sensibilisiert. Selbsthilfevertreter wie O’Neill berichten dort aus eigener Erfahrung – ein emotionaler Zugang, der Führungskräfte erreicht und zum Umdenken anregt.
Der Kreuzbund stellte außerdem eine Gruppe für suchtkranke Führungskräfte in Düsseldorf vor. Rund 30 Mitglieder tauschen sich dort vertraulich aus – ein geschützter Raum, in dem „Selbsthilfe beginnt, wo Menschen aufhören, sich zu verstecken“.

Abstinenz im Stadion: Die Initiative „Schalke Null Bier“

Ein weiteres Highlight war die Vorstellung der Initiative „Schalke Null Bier“ durch Heike Neuhaus, Stephan Pöhling und Tobias Wrobel.
Seit Januar 2025 setzen sie sich für alkoholfreies gemeinsames Fußballschauen ein – inspiriert von den „weiß-braunen Kaffeetrinkerinnen“ des FC St. Pauli. Noch steht die Initiative am Anfang, doch sie will Raum schaffen für Begegnung und Gemeinschaft ohne Alkohol, auch im Umfeld eines großen Vereins mit 200.000 Mitgliedern.
Die Begeisterung und Ausdauer der Initiatorinnen machten Mut, ähnliche Projekte auch an anderen Orten zu starten.

Peer-Beratung in der Arbeitswelt: Das Projekt BEA

Dr. Klara Lammers (Hochschule Bielefeld) und Brigitte Haas, Peer-Begleiterin, stellten das abgeschlossene Modellprojekt „BEA – Beraten, Ermutigen und Assistieren“ vor.
Das vom Bundesarbeitsministerium geförderte Projekt unterstützte über fünf Jahre Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen und Suchterkrankungen beim Zugang zu Arbeit und gesellschaftlicher Teilhabe.
600 Teilnehmende wurden dabei von 60 geschulten Peerberaterinnen begleitet – viele von ihnen mit eigener Selbsthilfeerfahrung. Das Projekt zeigt eindrucksvoll, wie Betroffene als Expertinnen in eigener Sache Brücken bauen können.

Austausch in Workshops: Vernetzung, Kooperation, Öffentlichkeit

Am Samstagnachmittag vertieften vier Workshops zentrale Fragestellungen der Tagung:

  • Kooperation mit Kliniken: Regelmäßiger Kontakt, klare Absprachen und gegenseitige Wertschätzung sind die Basis für gelingende Zusammenarbeit.
  • Betriebliche Gesundheitsförderung: Zugänge schaffen, persönliche Kontakte pflegen und das Tabu „Sucht“ aktiv ansprechen – das waren zentrale Erkenntnisse.
  • Abstinente Freizeitkultur: Die Teilnehmenden diskutierten, wie Initiativen im Sport- und Freizeitbereich durch Öffentlichkeitsarbeit, Vernetzung und politische Unterstützung gestärkt werden können.
  • Zusammenarbeit mit Hausärzt*innen: Ärztinnen und Ärzte sind oft die ersten Ansprechpersonen – doch es braucht Wissen, Offenheit und Vertrauen, um Brücken zur Selbsthilfe zu schlagen.

Fazit: Selbsthilfe wirkt – wenn sie vernetzt ist

Die Herbst-Arbeitstagung machte deutlich: Selbsthilfe ist wirksam, wenn sie sichtbar bleibt, Kooperationen sucht und neue Wege wagt.
Ob im Krankenhaus, im Betrieb, im Stadion oder in der Arztpraxis – überall entstehen Verbindungen, wo Menschen ihre Erfahrungen teilen und füreinander da sind.
So zieht Selbsthilfe Kreise – weit über die eigenen Gruppenräume hinaus.

Katholisch-Soziales Institut Siegburg

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